Mineralwasser gilt als eines der reinsten und gesündesten Getränke überhaupt. Doch ein genauer Blick auf die Etiketten verschiedener stiller Mineralwässer offenbart überraschende Unterschiede in der Mineralstoffzusammensetzung, die weitreichende Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben können. Was viele Verbraucher nicht wissen: Nicht jedes Mineralwasser ist automatisch eine optimale Quelle für lebenswichtige Mineralstoffe.
Die verborgene Welt der Mineralstoffprofile
Während der Begriff „Mineralwasser“ eine ausgewogene Versorgung mit wichtigen Nährstoffen suggeriert, zeigt die Realität ein anderes Bild. Die Zusammensetzung variiert je nach Herkunftsquelle drastisch. Einige Wässer enthalten extrem hohe Natriumwerte von über 200 Milligramm pro Liter, während andere praktisch natriumfrei sind. Diese Schwankungen sind nicht zufällig, sondern resultieren aus den geologischen Bedingungen der jeweiligen Quellregion.
Besonders problematisch wird es, wenn einzelne Mineralstoffe in unausgewogenen Verhältnissen vorliegen. Ein hoher Natriumgehalt bei gleichzeitig niedrigen Kalium- und Magnesiumwerten kann beispielsweise den Blutdruck negativ beeinflussen, anstatt die erhoffte gesundheitsfördernde Wirkung zu entfalten.
Calcium und Magnesium: Das unterschätzte Gleichgewicht
Das Verhältnis zwischen Calcium und Magnesium in Mineralwässern verdient besondere Aufmerksamkeit. Während manche Wässer über 500 Milligramm Calcium pro Liter enthalten, weisen sie oft nur minimale Magnesiumwerte auf. Diese Unausgewogenheit kann die Aufnahme beider Mineralstoffe im Körper beeinträchtigen.
Calcium-reiche Wässer werden häufig als besonders wertvoll beworben, doch ohne ausreichend Magnesium kann der Körper das Calcium nicht optimal verwerten. Experten empfehlen ein Verhältnis von etwa 2:1 zwischen Calcium und Magnesium für eine ideale Absorption.
Ein weiterer kritischer Punkt: Extrem calciumreiche Wässer können bei regelmäßigem Konsum zu einer Überdosierung führen, insbesondere wenn bereits calciumreiche Lebensmittel konsumiert werden. Die Folge können Nierensteine oder eine verminderte Aufnahme anderer wichtiger Mineralstoffe sein.
Der Natriumfaktor: Wenn gesund ungesund wird
Natrium ist ein lebenswichtiger Mineralstoff, doch die moderne Ernährung enthält bereits mehr als genug davon. Mineralwässer mit hohen Natriumwerten können daher kontraproduktiv sein. Werte über 200 Milligramm pro Liter gelten als hoch und sollten auf dem Etikett entsprechend gekennzeichnet sein.
Für Menschen mit Bluthochdruck, Nierenerkrankungen oder Herzproblemen können natriumreiche Mineralwässer die Beschwerden verschlimmern. Paradoxerweise trinken gerade gesundheitsbewusste Personen oft große Mengen Mineralwasser und nehmen dabei unbewusst erhebliche Natriummengen zu sich.
Sulfat: Der verkannte Störfaktor
Sulfat ist ein Mineralstoff, der in vielen Mineralwässern vorkommt, aber selten die Aufmerksamkeit erhält, die er verdient. Hohe Sulfatwerte ab 1200 Milligramm pro Liter wirken abführend und können bei regelmäßigem Konsum zu Verdauungsproblemen führen.
Besonders tückisch: Die abführende Wirkung tritt nicht sofort ein, sondern entwickelt sich schleichend bei regelmäßigem Konsum. Viele Verbraucher bringen auftretende Verdauungsbeschwerden nicht mit ihrem Mineralwasser in Verbindung.
- Sulfatwerte unter 10 mg/l: praktisch sulfatfrei
- 10-50 mg/l: niedrig
- 50-200 mg/l: moderat
- Über 1200 mg/l: abführende Wirkung möglich
Nitrat und Fluorid: Die kontrovers diskutierten Zusätze
Nitrat in Mineralwasser ist ein heikles Thema. Während geringe Mengen unbedenklich sind, können höhere Konzentrationen problematisch werden. Der Grenzwert liegt bei 50 Milligramm pro Liter, doch bereits niedrigere Werte können bei empfindlichen Personen Reaktionen auslösen.
Fluorid wird kontrovers diskutiert. Einige Mineralwässer enthalten natürlich vorkommende Fluoridmengen von bis zu 5 Milligramm pro Liter. Während Fluorid in geringen Mengen die Zahngesundheit fördern kann, führen höhere Dosierungen möglicherweise zu unerwünschten Nebenwirkungen, besonders bei Kindern.
Die Tücken der Produktdeklaration
Die Kennzeichnung von Mineralwässern folgt gesetzlichen Vorgaben, doch für Verbraucher bleiben viele Informationen schwer interpretierbar. Die Angaben beziehen sich auf einen Liter Wasser, doch wer rechnet schon um, wenn nur ein Glas getrunken wird?
Besonders irreführend: Begriffe wie „natriumarm“ bedeuten nicht automatisch natriumfrei. Wasser darf als natriumarm beworben werden, wenn es weniger als 20 Milligramm Natrium pro Liter enthält – bei hohem Konsum summiert sich auch diese Menge.
Praktische Tipps für den bewussten Kauf
Die Auswahl des richtigen Mineralwassers erfordert einen analytischen Blick auf das Etikett. Achten Sie auf das Gesamtbild der Mineralstoffzusammensetzung, nicht nur auf einzelne beworbene Werte. Ein ausgewogenes Mineralwasser sollte moderate Werte bei allen Hauptmineralstoffen aufweisen.
Für den täglichen Bedarf eignen sich Wässer mit niedrigem Natriumgehalt (unter 20 mg/l), moderaten Calcium- und Magnesiumwerten in ausgewogenem Verhältnis und niedrigen Sulfatgehalten. Menschen mit besonderen gesundheitlichen Bedürfnissen sollten die Auswahl ihres Mineralwassers mit medizinischen Fachkräften besprechen.
Die Erkenntnis, dass nicht jedes Mineralwasser automatisch die beste Wahl darstellt, sollte Verbraucher dazu ermutigen, bewusster zu wählen. Ein kritischer Blick auf die Zusammensetzung kann langfristig einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit leisten und unerwünschte Effekte durch unausgewogene Mineralstoffprofile vermeiden.
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