Beim Gang durch die Supermarktregale fallen sie sofort ins Auge: Riegel mit verlockenden Aufschriften wie „Light“, „Fitness“ oder „Protein“. Diese scheinbar gesunden Snacks versprechen den perfekten Begleiter für die Diät oder das Fitnessstudio. Doch ein genauer Blick auf die Nährwerttabelle offenbart oft eine ernüchternde Wahrheit: Viele dieser beworbenen Produkte enthalten überraschend viele Kalorien und versteckten Zucker.
Die Macht der Worte: Wie Marketing unsere Wahrnehmung beeinflusst
Begriffe wie „Fitness“ oder „Protein“ lösen in unserem Gehirn automatisch positive Assoziationen aus. Wir verbinden sie mit gesunder Ernährung, Muskelaufbau und erfolgreicher Gewichtsreduktion. Diese psychologische Wirkung machen sich Hersteller geschickt zunutze, um ihre Produkte als diättauglich zu positionieren – oft ohne dass die Zusammensetzung diese Versprechen rechtfertigt.
Besonders perfide: Ein Riegel mit der Aufschrift „30% weniger Fett“ klingt zunächst vielversprechend. Was jedoch verschwiegen wird, ist der häufig deutlich erhöhte Zuckergehalt, der den gesparten Fettanteil kalorienmäßig wieder ausgleicht oder sogar übertrifft. Der Gesamtkaloriengehalt bleibt dadurch praktisch unverändert.
Versteckte Zuckerfallen entlarven
Zucker versteckt sich in Riegeln hinter einer Vielzahl von Bezeichnungen, die den wenigsten Verbrauchern bekannt sind. Glukosesirup, Maltodextrin, Dextrose oder Fruktose sind nur einige der über 70 verschiedenen Namen, unter denen Zucker in der Zutatenliste auftauchen kann.
Ein besonders trickreicher Ansatz der Hersteller: Die Aufteilung des Zuckers in verschiedene Arten. Dadurch rutscht jede einzelne Zuckerart in der Zutatenliste weiter nach hinten, während die Gesamtmenge an Süßungsmitteln dennoch beträchtlich bleibt. Was auf den ersten Blick wie eine zuckerarme Rezeptur aussieht, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als süße Kalorienbombe.
Natürliche Süße als Marketingtrick
Besonders beliebt sind Formulierungen wie „gesüßt mit Datteln“ oder „enthält nur natürlichen Fruchtzucker“. Diese Aussagen erwecken den Eindruck eines gesünderen Produkts, verschleiern jedoch die Tatsache, dass auch natürliche Zuckerarten den Blutzuckerspiegel ansteigen lassen und Kalorien liefern. Ein Gramm Fruchtzucker enthält genauso viele Kalorien wie herkömmlicher Haushaltszucker.
Der Protein-Mythos bei Diätriegeln
Riegel mit prominent beworbenen Proteinwerten erwecken den Eindruck, sie seien automatisch figurfreundlich. Tatsächlich kann ein hoher Proteingehalt durchaus sättigend wirken und den Muskelerhalt während einer Diät unterstützen. Problematisch wird es jedoch, wenn neben dem Protein auch große Mengen an Fett und Zucker enthalten sind.
Ein typischer „Proteinriegel“ aus dem Supermarkt enthält oft zwischen 200 und 400 Kalorien – das entspricht einer kleinen Mahlzeit. Für Menschen in einer Diätphase kann der unbedachte Griff zu solchen Riegeln schnell das Kaloriendefizit zunichtemachen, das für eine erfolgreiche Gewichtsabnahme erforderlich ist.
Qualität vs. Quantität bei Proteinen
Nicht alle Proteine sind gleichwertig. Während hochwertige Proteinquellen alle essentiellen Aminosäuren in ausgewogenen Verhältnissen liefern, setzen manche Riegel auf minderwertige Proteinpulver oder isolierte Aminosäuren. Diese biologische Wertigkeit der Proteine wird jedoch selten transparent kommuniziert.
Light-Produkte: Weniger von was genau?
Die Bezeichnung „Light“ ist rechtlich geregelt und bedeutet eine Reduzierung um mindestens 30 Prozent gegenüber einem Referenzprodukt. Doch hier liegt der Haken: Reduziert werden kann wahlweise Fett, Zucker oder der Gesamtkaloriengehalt. Welcher Wert tatsächlich verringert wurde, steht meist im Kleingedruckten.
Ein fettreduzierter Riegel kann durchaus mehr Kalorien enthalten als die Originalversion, wenn der Fettanteil durch zucker- oder stärkereiche Zutaten ersetzt wurde. Umgekehrt können zuckerreduzierte Varianten durch einen höheren Fettgehalt kalorienmäßig sogar ungünstiger abschneiden.
Portionsgrößen als unterschätzte Kalorienfalle
Viele Riegel werden in Größen angeboten, die deutlich über einer vernünftigen Zwischenmahlzeit liegen. Was als „eine Portion“ vermarktet wird, entspricht oft dem Kaloriengehalt einer kompletten Hauptmahlzeit. Besonders heimtückisch: Große Riegel, die optisch wie eine Portion aussehen, werden in der Nährwerttabelle manchmal als zwei oder sogar drei Portionen deklariert.
Diese Praxis führt dazu, dass Verbraucher den tatsächlichen Kaloriengehalt systematisch unterschätzen. Ein Riegel mit scheinbar moderaten 150 Kalorien pro Portion entpuppt sich plötzlich als 450-Kalorien-Snack, wenn die Packung als drei Portionen definiert ist.
Praktische Tipps für den bewussten Riegelkauf
Der Blick auf die Nährwerttabelle sollte immer der erste Schritt sein, noch vor dem Lesen der Werbeaussagen auf der Vorderseite. Dabei helfen folgende Orientierungswerte:
- Kalorien: Ein diättauglicher Riegel sollte nicht mehr als 150-200 Kalorien pro Portion enthalten
- Zucker: Weniger als 5 Gramm pro 100 Gramm gelten als zuckerarm
- Ballaststoffe: Mindestens 3 Gramm pro Portion sorgen für bessere Sättigung
- Protein: Ein Mindestgehalt von 10 Gramm rechtfertigt die Bezeichnung als Proteinsnack
Die Zutatenliste richtig interpretieren
Zutaten sind nach Gewicht sortiert aufgeführt. Stehen Zucker oder zuckerähnliche Substanzen unter den ersten drei Zutaten, sollten die Alarmglocken läuten. Gleiches gilt für gehärtete Fette oder eine Vielzahl von Zusatzstoffen mit E-Nummern.
Ein qualitativ hochwertiger Riegel kommt mit wenigen, erkennbaren Zutaten aus: Nüsse, Trockenfrüchte, eventuell etwas Honig oder Proteinpulver. Je länger die Zutatenliste, desto industrieller verarbeitet ist meist das Produkt.
Alternative Strategien für den Diätalltag
Statt auf beworbene Fertigriegel zu setzen, bieten sich verschiedene Alternativen an. Selbstgemachte Riegel aus Nüssen, Samen und ungesüßten Trockenfrüchten liefern ähnliche Nährstoffe ohne versteckte Zusätze. Auch eine Handvoll Nüsse mit einem Stück Obst kann den gleichen Sättigungseffekt erzielen – bei besserer Nährstoffbilanz und oft geringeren Kosten.
Wer dennoch zu Fertigprodukten greifen möchte, sollte verschiedene Produkte vergleichen und dabei ausschließlich die Nährwerttabelle als Entscheidungsgrundlage nutzen. Die Werbeaussagen auf der Verpackung können dabei getrost ignoriert werden – sie dienen primär dem Marketing, nicht der Verbraucherinformation.
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